Das "Anti-Gewalt-Training" der Jugend-Gefährdeten-Hilfe des Caritasverbandes Koblenz e. V. soll Ursachen von Gewalt aufarbeiten und junge Straftäter von weiteren Körperverletzungsdelikten abhalten .
"Es werden mehr Straftaten begangen, und auch die Brutalität der Delikte hat erschreckende Ausmaße angenommen", so Ute Heußlein, Leiterin des Sachbereiches Jugend-Gefährdeten-Hilfe des Caritasverbandes Koblenz. Um die jungen Straftäter dazu zu bewegen, bei Streitigkeiten auf Gewalt zu verzichten, bietet die Jugend-Gefährdeten-Hilfe seit sieben Jahren zweimal jährlich ein "Anti-Gewalt-Training" an.
Zwischen acht und zehn Teilnehmer aus Koblenz und den umliegenden Landkreisen treffen sich mehrmals, um mit Unterstützung der pädagogischen Fachkräfte die Gründe ihrer Neigung zur Gewalt aufzudecken und einen Ausweg zu finden.
"Um dabei hinter die Maske der Teilnehmer schauen zu können, gehen wir oft konfrontativ vor", schildert der Anti-Gewalt-Trainer Thorsten Lemke seine praktische Arbeit. "Die von den Teilnehmern begangenen Straftaten stehen im Mittelpunkt: Welches Leid wurde bei den Opfern hervorgerufen? Und warum wurde in der jeweiligen Situation Gewalt zur Lösung des Konfliktes angewandt?" Lemke betont, es gehe unter anderem darum, verborgene Schwächen der Jugendlichen offenzulegen, die oft einer Tat zugrunde lägen. Lemke: "Und diese Schwächen versuchen die Täter durch starkes und dominantes Verhalten zu überspielen. Insbesondere wenn es um die eigene Vergangenheit oder um familiäre Probleme geht, suchen sie nach Ausflüchten. Dann werden Frust oder Alkoholkonsum als Auslöser der Tat genannt, aber auf Ausreden lassen wir uns im Training nicht ein. Wir fordern von jedem, die Verantwortung für sein eigenes Handeln zu übernehmen." Selbstverständlich sei neben Konfrontation auch der Aufbau von Vertrauen wichtig. "Das ist eine ständige Gratwanderung", fasst der Diplom-Pädagoge zusammen.
"Viele junge Gewalttäter sind einfacher durch körperliche oder spielerische Mittel zu erreichen als über lange Gespräche", berichtet Ute Heußlein. Die Körperverletzungsdelikte stellten oft die Folge von Sprachlosigkeit dar: "Wenn die Täter merken, dass sie mit Worten und Argumenten unterlegen sind, greifen sie zu ihrer vermeintlichen Stärke, der körperlichen Überlegenheit, und schlagen zu", schildert sie die langjährigen Erfahrungen aus dem Anti-Gewalt-Training. Hieraus resultiere, neben der Durchführung von Aktions- und Rollenspielen, der Einsatz von Tai Chi als körperorientiertem Trainingselement: Die asiatische Bewegungsmeditation verhelfe den Teilnehmern, die ihren Körper bei Gewalttaten als Waffe einsetzten, zu einem neuen Körperbewusstsein.
Bei den Rollenspielen zeigen sich nach Erfahrung der Diplom-Pädagogen weitere Schwächen der jugendlichen Straftäter: "Ihnen fehlen sprichwörtlich die Worte. Es ist auffallend, dass es ihnen nicht gelingt, ihre Ideen, Ansichten und Gefühle auszudrücken."
Diese Fähigkeit sei aber wichtig, um Konfliktsituationen gewaltfrei lösen zu können: "Genau dort setzen wir mit unserer Arbeit an und bieten durch gezielte Übungen einen Ausweg aus der Wortlosigkeit." Zudem falle es den Trainingsteilnehmern schwer, sich in die ihnen fremde Rolle des Opfers hineinzuversetzen.
Das im Anti-Gewalt-Training neu erfahrene Verständnis und Bewusstsein verdeutlicht das Zitat eines Teilnehmers: "Ich schäme mich, weil ich ein wehrloses Mädchen geschlagen habe!"
Weitere Informationen erhalten Sie beim:
Caritasverband Koblenz e. V., Jugend-Gefährdeten-Hilfe,
Hohenzollerstraße 118, 56068 Koblenz,
Telefon 0261/13906-200
E-Mail: jugendhilfe@caritas-koblenz.de
Koblenz, 29. Februar 2008