Es ist kurz nach fünf Uhr am frühen Morgen. In der Backstube der Vollkornbäckerei Barth in Niederfell duftet es nach frischem Brot. Der Auszubildende Ahmad Zia Hussaini holt fertige Krustenbrote aus dem Backofen, bevor er gemeinsam mit Meisterin Charlotte Barth kleine Croissants knetet. Der 26-Jährige stammt aus Afghanistan und hat an der Untermosel in der Nähe von Koblenz eine neue Heimat gefunden. "Ich bin glücklich mit meinem neuen Leben", sagt er mit einem Lächeln auf dem Lippen. "Meine Ausbildung bereitet mir sehr viel Freude, ich lerne viel und arbeite in einem tollen Team."
Vor vier Jahren sah sein Leben noch ganz anders aus. 2015 flüchtete Ahmad Zia Hussaini aus seiner Heimat Afghanistan, machte sich auf den Weg ins sichere Europa: weg von zu Hause, der Familie und Freunden, aber auch weg von der Angst und dem täglichen Terror. Über den Iran, die Türkei, Griechenland und Italien führte es ihn nach Deutschland. Nach einem kurzen Aufenthalt in einer Übergangseinrichtung in Thüringen kam er schließlich an die Untermosel in eine Gemeinschaftsunterkunft in Dieblich. Seit dieser Zeit entwickelte sich für den sympathischen jungen Mann sehr viel zum Positiven, dank seines starken Willens und der ihm entgegengebrachten Unterstützung und Begleitung.
Engagierte Bürger unterstützten ihn bei Behördengängen und der Integration in das Gemeindeleben. Obwohl er aufgrund rechtlicher Bestimmungen keinen offiziellen Integrationskurs besuchen durfte, erlernte er binnen kürzester Zeit die deutsche Sprache. "Das war für mich sehr wichtig, schließlich wollte ich mich schnell einleben und mich auch ohne Hilfe verständigen."
Als nächster Meilenstein stand die berufliche Orientierung auf dem Programm. In der Folge wurde Caritas-Mitarbeiterin Anika Verkoyen zu einer wichtigen Ansprechpartnerin. Im Rahmen des Projektes FAiR (Flüchtlinge und Asylsuchende integriert in die Region) unterstützt der Caritasverband Koblenz in einem Verbund mit zahlreichen Kooperationspartnern Flüchtlinge bei der beruflichen Orientierung sowie Qualifizierung und Vermittlung in Schule, Ausbildung und Arbeit. Die Begleitung durch das FAiR-Team umfasste u. a. die Praktikumssuche, die Unterstützung während des Asylverfahrens, bei Behördenangelegenheiten und der Führerscheinausbildung sowie die Kommunikation mit dem Arbeitgeber, der Agentur für Arbeit und der Ausländerbehörde.
"Herr Hussaini zeigte von Beginn an ein hohes Maß an Eigeninitiative", sagt Sozialpädagogin Anika Verkoyen. "Ein Praktikum bei der Vollkornbäckerei Barth im Juli 2016 war der Türöffner für seine weitere berufliche Entwicklung." Es folgte eine einjährige sogenannte Einstiegsqualifizierung, bevor er im August 2017 seine Ausbildung als Bäcker beginnen konnte.
Kollegen und Vorgesetzte waren gleich sehr angetan von dem neuen Kollegen bzw. Mitarbeiter, zum einen aufgrund seiner bewegenden Geschichte, zum anderen bestach er durch Freundlichkeit, Ehrgeiz und schneller Auffassungsgabe.
"Herr Hussaini war von Beginn an hoch motiviert und engagiert", berichtet Bäckermeisterin Charlotte Barth. "Wir legen sehr großen Wert auf die Ausbildung eigener Mitarbeiter. Schnell war unser Entschluss klar, ihm einen Ausbildungsvertrag anzubieten und seinen weiteren Lebensweg zu unterstützen." Die Chemie in der Backstube stimmt. Man sieht dem sympathischen jungen Mann an, dass ihm die Arbeit sehr viel Freude bereitet. Krustenbrot, Rosenbrot, verschiedene Kuchen oder leckere Teilchen - Ahmad Hussaini schätzt die Vielfältigkeit seiner Tätigkeiten. "Mein nächstes Ziel ist es, bald kreative Torten gestalten zu können."
Auch nach Feierabend fühlt er sich wohl in seinem neuen Umfeld. Er wohnt nur einen Steinwurf entfernt in einer kleinen Wohnung, die er vom Betrieb gestellt bekommt. In seiner Freizeit spielt er gerne Volleyball, liest viele Bücher und informiert sich natürlich über die Situation in seinem Heimatland. In solchen Momenten, insbesondere bei den Telefonaten mit seiner Familie, plagt den jungen Mann das Heimweh. "Ich vermisse meine Familie. Meine Eltern sind dennoch glücklich darüber, dass ich eine neue Lebensperspektive in Frieden und Sicherheit habe", sagt Ahmad Hussiani. "Ich bin sehr dankbar für die Unterstützung, die ich in den vergangenen Jahren erleben durfte."
FAiR - Flüchtlinge und Asylsuchende integriert in die Region
FAiR ist eines von 41 Projekten in der Bundesrepublik, die durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) und den Europäischen Sozialfonds (ESF) im Rahmen der Integrationsrichtlinie Bund, Handlungsschwerpunkt "Integration von Asylbewerber/-innen und Flüchtlingen", gefördert werden. Nähere Information zum Programm unter www.integrationsrichtlinie.de.
Seit 2015 wurden über 500 Asylsuchende und Geflüchtete in der Stadt Koblenz und dem Landkreis Mayen-Koblenz bei der beruflichen Orientierung sowie Qualifizierung und Vermittlung in Schule, Ausbildung und Arbeit betreut. Es wurden über 300 Mitarbeitende der Jobcenter im Norden von Rheinland-Pfalz geschult, zahlreiche interkulturelle Schulungen in Betrieben und anderen Institutionen durchgeführt. Unter Beteiligung von Bundes- und Landesministerien, der Regionaldirektion Rheinland-Pfalz-Saarland, Fachverbänden und dem Deutschen Caritasverband wurden Tagungen und Workshops durchgeführt und Fachartikel verfasst.
Innerhalb des Projektverbundes arbeiten zahlreiche Kooperationspartner zusammen. Der Caritasverband Koblenz e.V. nimmt bei der Projektumsetzung im Rahmen der Koordination und Steuerung des Projektverbundes dabei eine zentrale Rolle ein.