Die Krankenversichertenkarte gehört bei den meisten Menschen zum Portemonnaie wie Bargeld, Personalausweis oder Führerschein. Wenn der Rücken zwickt, der Backenzahn schmerzt oder der leichte Husten sich doch zu einer festen Erkältung entwickelt, ermöglicht die kleine Plastikkarte den einfachen Weg zur medizinischen Versorgung durch den Haus- oder Facharzt.
Es gibt aber auch Menschen ohne Versicherungsschutz und demzufolge auch ohne Zugang zum regulären Versorgungssystem. Schätzungen gehen bundesweit von mehreren 100.000 Mitbürgern aus; Frauen und Männer aller gesellschaftlicher Schichten, darunter Wohnungslose, Menschen aus anderen EU-Staaten, aber auch Privatversicherte mit Beitragsschulden. Viele Betroffene kennen häufig ihre Rechte nicht, etwa, dass auch Versicherte mit Zahlungsrückständen Anspruch auf Notfallversorgung haben.
Ziel der Beratung ist es, Menschen ohne Krankenversicherung oder mit ungeklärtem Versicherungsstatus einen Zugang zu medizinischer Versorgung zu ermöglichen.Foto: Marco Wagner
Zur Unterstützung dieser Menschen gibt es dank der Initiative des Armut und Gesundheit e. V., der MediNetze Koblenz und Mainz sowie der Ökumenischen Fördergemeinschaft Ludwigshafen "Street Doc" seit 2019 in Rheinland-Pfalz eine sogenannte Clearingstelle Krankenversicherung in Mainz. Finanziert wird die Stelle durch das Landesministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie sowie das Ministerium für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz. Dank der neuen Landesförderung ab 2021 konnte die Beratungsarbeit nun ausgeweitet und die Erreichbarkeit regional verbessert werden. So gibt es neben den Anlaufstellen in Mainz, Ludwigshafen und Worms seit März auch eine Clearingstelle in Koblenz.
Das Beratungsangebot unter Trägerschaft des Caritasverbandes Koblenz ist in der Neustadt 20 angesiedelt. "Clearing bedeutet Vermittlung, Beratung und Unterstützung", berichtet Caritas-Mitarbeiter Daniel Krauss. "Ziel ist es, Menschen ohne Krankenversicherung oder mit ungeklärtem Versicherungsstatus einen Zugang zu medizinischer Versorgung zu ermöglichen." Das Beratungsangebot ist offen für alle Menschen aus dem nördlichen Rheinland-Pfalz, niedrigschwellig und kostenlos. Die neue Anlaufstelle wird eng mit weiteren Fachdiensten der Koblenzer Caritas zusammenarbeiten, mit der ebenfalls in der Neustadt 20 ansässigen Allgemeinen Sozialberatung und Fachberatungsstelle für Menschen ohne Wohnung, dem Migrationsdienst, dem Zentrum für ambulante Suchtkrankenhilfe oder den Beratungsdiensten in Stadtteilen und Sozialräumen.
Bereits seit mehreren Jahren ist der Caritasverband Koblenz eng vernetzt mit dem MediNetz Koblenz e. V., der ebenfalls seinen Sitz in der Neustadt 20 hat. Der Verein vermittelt Menschen ohne Krankenversicherung eine medizinische Versorgung. "Die Clearingstellen in Rheinland-Pfalz wurden vom Land auf Antrag von Armut und Gesundheit Mainz sowie den MediNetzen Koblenz und Mainz eingerichtet. Wir hoffen nun, dass auch noch ein Behandlungsfonds folgt, denn bis zur Eingliederung in eine Krankenkasse, wenn sie denn möglich ist, vergeht oft viel Zeit. Zeit, die manche behandlungsbedürftige Erkrankung nicht warten kann," so Dr. Claudia Tamm, die Vorsitzende von MediNetz Koblenz e.V.
Die Clearingstelle unterstützt nicht nur betroffenen Menschen, sondern ist auch Informations- und Anlaufpunkt für weitere Akteure im Sozial- und Gesundheitssystem, etwa für Arztpraxen und Krankenhäuser, die Menschen mit unklarem Versicherungsstatus behandeln, und für andere Stellen, an die sich Menschen ohne Krankenversicherung wegen gesundheitlicher Probleme wenden. "Wenn trotz eingehender Prüfung und Beratung kein Zugang zum Regelsystem möglich ist, stellen wir den Kontakt zu Institutionen her, die anonym und kostenlos medizinische Versorgung anbieten", ergänzt Diplom-Sozialarbeiter Daniel Krauss.
Die Clearingstelle Krankenversicherung ist für die Menschen ein Lichtblick, die keine Versichertenkarte im Portemonnaie als Eintrittskarte zum regulären Gesundheitssystem haben.