1950 war die Bundesrepublik Deutschland ein Jahr alt, Konrad Adenauer regierte als erster Bundeskanzler. 1950 feierte der Caritasverband Koblenz seinen 32. Geburtstag, wobei in den Nachkriegsjahren niemanden zum Feiern zumute war, galt es doch die größte Not zu lindern, hauptsächlich mit der Speisung von Armen und Kindern. Ebenfalls im Jahr 1950 startete das Engagement von Edeltraut Meichsner. Seit 69 Jahren arbeitet sie ehrenamtlich in der Bahnhofsmission und ist damit natürlich die dienstälteste Mitarbeiterin der Koblenzer Caritas.
Ein Rückblick: Nachdem ihr Vater im letzten Kriegsjahr gefallen war, flüchtete sie mit ihrer Mutter, der Großmutter und den drei Geschwistern aus ihrer Heimat Niederschlesien. Es folgten fünf Jahre in der Lüneburger Heide, bevor die Familie 1950 nach Urbar bei Koblenz umgesiedelt wurde. "Die Caritas hat uns in diesen schweren Jahren auf vielfältige Art geholfen", sagt Edeltraud Meichsner. "Für meine Mutter war es selbstverständlich, dass wir etwas zurückgeben wollten."
Sonntags kam die Mutter mit ihren Kindern zum Dienst in die Bahnhofsmission, die damals noch ihre Heimat in einer kleinen Baracke an Gleis 4 hatte. Die Kinder, damals bereits im jugendlichen Alter, packten mit an.
Nach ihrer Schulzeit auf der Schönstätter Marienschule in Vallendar absolvierte sie eine Landwirtschaftslehre, bildete sich weiter fort bis zur staatlich geprüften Ländlichen Hauswirtschaftsleiterin. Edeltraud Meichsner war viele Jahre am Aufbaugymnasium in Boppard als Wirtschaftsleiterin sowie der Blinden- und Sehbehindertenschule in Neuwied als pädagogische Fachkraft tätig.
Auch während ihres Berufslebens absolvierte sie regelmäßig Nacht- und Abenddienst in der Bahnhofsmission, die seit 110 Jahren nicht mehr vom Koblenzer Hauptbahnhof wegzudenken ist. Der Bahnhof ist seit jeher Spiegelbild der Gesellschaft und in jeder Stadt ein besonderer Anziehungspunkt. Neben den klassischen Hilfen beim Ein- und Umsteigen oder einer Tasse Tee zum Aufwärmen hat sich die Bahnhofsmission im Laufe der Zeit auch zu einer wichtigen Anlaufstelle für Menschen entwickelt, die einsam sind oder sich in einer Krisensituation befinden. "Da ist es wichtig, ein offenes Ohr zu haben, zuhören zu können oder an spezielle Beratungsstellen zu vermitteln", berichtet die 81-Jährige, bevor sie freundlich einen Stammgast willkommen heißt. "Ich grüße alle bekannten Gäste mit Namen. Das hat etwas mit Wertschätzung zu tun." Sie serviert dem Mann, der keinen festen Wohnsitz hat, einen frischen Kaffee, nett angerichtet auf einem Tablett. Für alle Gäste hat sie an diesem Tag leckeres Obst aus dem eigenen Garten mitgebracht.
Wenn Hilfe gebraucht wird, ist sie da: Seit 69 Jahren arbeitet Edeltraud Meichsner ehrenamtlich in der Bahnhofsmission.Foto: Marco Wagner
Der Caritasverband ist nicht der einzige Ort ihres ehrenamtlichen Engagements. In ihrer Pfarrgemeinde in Urbar schmückte sie 40 Jahre die Kirche, gehörte lange Zeit dem Pfarrgemeinderat an und brachte alten, einsamen oder bettlägerigen Mitbürgern die Krankenkommunion nach Hause.
Ans Aufhören denkt das "Urgestein" des Caritasverbandes Koblenz noch lange nicht. "Warum denn auch? Solange ich gesund bin, werde ich zu meinem Dienst in der Bahnhofsmission kommen!" Sie lächelt, zieht ihre blaue Bahnhofsmissionsweste an und geht zum Gleis 2, wo eine Reisende Unterstützung beim Umsteigen benötigt. "Wenn Hilfe gebraucht wird, bin ich da! Ich habe in meinem Leben viel Glück gehabt und möchte auch etwas an die Gesellschaft zurückgeben."