Spiritueller Impuls zum Pfingstfest
Am Wochenende feiern wir das Pfingstereignis, das Ereignis von damals wird wieder wachgerufen, es wird in Erinnerung gebracht in den Gottesdiensten. Pfingsten, das Fest des Heiligen Geistes, der Geist Jesu und damit verbunden, das Wahrnehmen der eigenen Lebenswelt und des Weltgeschehens aus den Augen dieses Jesus aus Nazareth. Hier unterscheiden sich die Geister. Sein Geist, der Heilige Geist, ist sozusagen ein Gegengeist gegen die Geläufigkeiten des damaligen Imperium Romanum, welches mit dem Geist der Pax Romana, dem sogenannten römischen Frieden, die Welt beseelte und beherrschte. Der Geist, der der Pax Romana inne wohnte brachte für viele Menschen Ausbeutung, Unterwerfung, Machtmissbrauch, Versklavung, Krieg, ungerechte Steuern, Zerstörung und Krieg.
Der Heilige Geist, denn wir an Pfingsten wieder in Erinnerung rufen, stellt dieser Pax Romana den Pax Christi, den Frieden Christi als Gegenentwurf entgegen. Seine Erkennungszeichen sind: Der Erste wird der Letzte sein; ein Herz für die Armen, Ausgegrenzten und Geschundenen; wer der Erste sein will muss Diener aller sein; gelebte Geschwisterlichkeit, Gerechtigkeit und der Verzicht auf Hass und Rache und dann, unverfälschte Liebe, die unsere Hoffnung bezeugt von einer neuen Erde und einem neuen Himmel, in dem Gerechtigkeit, Bewahrung der Schöpfung und Frieden herrschen.
Wenn wir uns heute Fragen, welchem Geist, welchem Frieden trauen und dienen wir, mit welchem Geist betrachten und beurteilen wir das Weltgeschehen und unser Tun, wessen Geistes Kinder sind wir? Wir, als Individuen, als Kirche, als Caritasverband, dann stellen wir oft fest, der Geist des Imperiums mit seinen Werten und Regeln hat uns gut im Griff.
Aber ich kann mich nicht mit dieser Antwort begnügen. Gerne stelle ich das Negative, all das was nicht gut läuft oder einfach nur fehlt in den Vordergrund. Es gibt, Gott sei Dank, vieles in unserer Kirche, in unserem Caritasverband, in dem der Heiligen Geist atmet und bezeugt wird.
Ja, es ist richtig, wir müssen uns widersprüchlich machen, nichts verschweigen vom eigenen Versagen, aber auch Sehen lernen, wo der Geist bei uns lebt und weht. Wir sind oft verliebt in unsere eigene Nichtigkeit, in alles was nicht gelingt, was falsch ist und was noch fehlt. Lernen wir mit der gleichen Energie, mit der wir das Negative bei uns sehen, zu schätzen was gut, schön ist und das Leben fördert.
Keiner soll diese Kirche, zu der auch wir als Caritasverband gehören, schöner reden als sie ist. Aber niemand soll auch die Spuren des Geistes übersehen, die an vielen Orten zu finden sind.
Und wenn ich mir die Werke dieses Heiligen Geistes in unserem Caritasverband ansehe, stelle ich fest, dass wir Augen haben für die Niederlagen der Menschen: für die, die von einer Sucht befallen sind; für die, die mit seelischen Konflikten leben; für die, die kein Dach über dem Kopf und kein Brot zu essen haben; für die Alten, die Kinder und Frauen in Notlagen, für die an Körper und Geist Beschädigten, für die Dementen und deren Familien; für die, die auf der Flucht sind und bei uns Heimat, Geborgenheit und Zukunft suchen; ja für alle, die ehren - und hauptamtlich in unserem Verband tätig sind und gemeinsam versuchen Spuren dieses Heiligen Geistes, des Geistes Jesus zu leben und zu bezeugen.
Wenn ich mir unsere Kirche anschaue, sehe ich, dass es an manchen Orten Menschen gibt, die sich um ein "altes Buch" versammeln, um den Willen Gottes zu erkennen. So entkommen sie der eigenen Beliebigkeit und glauben daran, dass die Welt lesbar ist. Lesbar, in einem anderen Geist als dem, der die Welt beherrscht. Sie glauben daran, dass etwas geschrieben steht und dass sie sich nicht erschöpfen müssen, sich selber zu zitieren und als allgemeingültigen Maßstab zu nehmen.
Lernen wir immer wieder, nicht nur an Pfingsten, die Geister, die uns treiben und antreiben zu unterscheiden, um so in uns und unserem Verband den Geist lebendig zu halten, der vom Schöpfer allen Lebens im Leben dieses Mannes aus Nazareth bezeugt wurde. Pfingsterlebnisse heute.
Bernd Kuhl, Mitglied im Caritasrat